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NIEDERLÄNDISCHE FLIESEN IN SCHLOSS RAMBOUILLET IM BILD

 

 

Schloss Rambouillet
Jagdschloss und Stelldichein der Weltdiplomatie

Ursprünglich war das heutige Schloss Rambouillet ein einfacher Landsitz.
Ritter Jehan Bernier, Vogt von Paris, wurde von König Karl V. zum „Oberaufseher für die königlichen Gewässer und Wälder“ ernannt. Dies veranlasste ihn, am 6. Mai 1368 den Landsitz zu kaufen und sich in Rambouillet niederzulassen.
Von 1384 bis 1665 waren die d’Angennes Besitzer und bauten den Landsitz zu einer Burg, später zu einem Schloss aus. Die adeligen Hausherren empfingen 1559 Maria Stuart und 1562 Katharina von Medici mit dem späteren König Charles IX. im Marmorsaal.
Schloss Rambouillet stieg aber erst in die Reihe der bedeutenden Schlösser Frankreichs auf, als es Sonnenkönig Ludwig XIV. für einen seiner anerkannten unehelichen Söhne, den Comte de Toulouse, kaufte. In seiner Besitzphase von 1706 bis 1738 wurden unter anderem im Bereich des Westturmes im Gartenparterre drei Räume angebaut. Einer dieser Räume ist der sogenannte “Salle de bains du comte de Toulouse“ mit der Fliesenausstattung.
Napoleon I. war von 1800 bis 1815 Besitzer des Schlosses und weilte gern in Rambouillet.
Am 23. Februar 1896 besichtigte Präsident Félix Faure das Anwesen mit der Absicht, dort künftig alljährlich die Sommerwochen zu verbringen So wurde Rambouillet zur Sommerresidenz der französischen Staatspräsidenten. Auf die Anordnung von Präsident Faure wurden die Fliesenbekleidungen im “Salle de bains du comte de Toulouse“ in der Zeit zwischen 1897 bis 1899 unter Leitung des Architekten Leclerc durch den damals in Frankreich bekannten Maler und Keramiker Remy Landeau restauriert.
Die französischen Präsidenten luden gerne und oft Staatsgäste zu Festlichkeiten und Jagden nach Rambouillet.
Das Schloss ist nicht wie Versailles oder Saint-Germain-en-Laye historisch negativ vorbelastet obwohl auch dort Geschichte geschrieben wurde. In Rambouillet gab General de Gaulle 1944 General Leclerc den Befehl zum Vormarsch der Truppen auf Paris und zur Befreiung der Stadt. In den Jahren 1959, 1960 und 1963 empfing er Konrad Adenauer im Schloss zu Gesprächen über die deutsch-französische Annäherung und Aussöhnung.
Valéry Giscard d’Estaing versammelte im November 1975 die sechs Staats- bzw. Regierungschefs der führenden Industrienationen zum ersten G7-Gipfel in Rambouillet.
Staatspräsident François Mitterand lud zu französisch-sowjetischen und französisch-amerikanischen Gipfeltreffen nach Rambouillet und Staatspräsident Jaques Chirac stellte 1999 seine Residenz für eine Kosovo-Konferenz zur Verfügung.
Auch heute noch dient das Schloss als Rahmen verschiedener bilateraler Gipfeltreffen.

 

 

Das Fliesenkabinett


Das Fliesenkabinett des Schlosses Rambouillet ist der einzige Raum mit vollständigen Fliesenbekleidungen und Fliesenbelägen des 18. Jahrhunderts in Frankreich. Niederländische Einzelfliesen und Tableaus bedecken Wände und sogar Türen.
Der kleine auf dem Niveau des Gartenparterres gelegene Raum wurde um 1730 für den Grafen von Toulouse als Badekabinett eingerichtet.
Leider konnte ich in Archiven kein Dokument mit einem Nachweis über die Lieferung der fast 2.500 Fliesen finden. Entsprechende Dokumente sind noch zu suchen.
Jede Einzelfliese der Wandbekleidungen ist in sich ein Gemälde en miniature. Beeindruckend sind die auf jeweils 9x12=108 Fliesen mit blauer Farbe gemalten Hafenansichten von Amsterdam und Rotterdam. Auf dem Wasser der beiden Häfen treiben Tonnen und auf diesen sind die Buchstaben CBM vermerkt. Nach heutigem Stand der Forschung handelt es sich um Signaturen des Cornelis Boumeester, der bis 1733 in Rotterdam arbeitete.
Zwei polychrom gemalte Blumenvasentableaus (1) zieren auf geschnittenen halben Fliesen die Rundungen zum offenen Kamin. Die Fliesen von zwei weiteren polychrom gemalten Blumenvasentableaus wurden auf das Holz der Türblätter mit Pech geklebt und zusätzlich an den Kreuzfugen mit Bleinägeln gesichert.
Der glasierte keramische Bodenbelag zeigt zwei unterschiedliche Dekore. Die in Zweitverwendung im Fliesenkabinett verlegten Fayencefliesen mit dem Sterndekor stammen aus Valencia. Sie sind Teil einer 1733 erfolgten Lieferung von 10.000 Fliesen für Schloss Rambouillet (2). In welchen Räumen diese Fliesen außer im Fliesenkabinett verlegt waren, ist noch nicht erforscht.

Der Zahn der Zeit nagte an den Fayencefliesen, denn im 19. Jahrhundert wurde in einer Akte vermerkt: „Der Fußbodenbelag aus Fayencefliesen verschiedener Farben und Muster ist durch aufsteigende Feuchtigkeit und den Gebrauch beschädigt. Die Wände sind ebenfalls mit Fayencefliesen mit blauer Dekoration bekleidet (Hinzufügung: manche aus Gips). Auf den Türen zeigen sie Blumenvasen, Vögel, florale Ornamente usw. (Hinzufügung: manche dieser Fliesen sind gebrochen / einige Partien in schlechtem Zustand). Die anderen Partien bilden Tableaus, die zwei maritime Szenen zeigen.“ (3)
Von 1897 bis 1907 wurden umfangreiche Restaurierungen an den Wänden und am Boden ausgeführt. Dies ist nicht nur in Schriftstücken sondern auch auf Fliesen dokumentiert. Auf einer der fast 2.500 Fliesen der Wandbekleidungen steht geschrieben: „Dieser Saal wurde unter der Leitung von Herrn Leclerc Ar(chitekt) durch Rey Landeau / 1897-1899 restauriert.“

Im Bodenbelag liegen Fliesen, die Restaurierungsarbeiten der Jahre 1906 und 1907 durch Herrn Remy Landeau dokumentieren.
Es wären wieder Restaurierungsarbeiten erforderlich um den historischen Bestand zu sichern und eine würdige Nutzung des Raumes durch den französischen Staatspräsidenten zu ermöglichen.

 

(1)  Wilhelm Joliet, De haan en de papegaai op bloomvaastableaus, in: TEGEL 27/1999
(2)  Archives nationales, A.N. g/5*/163
(3)  Archives départementales de Yvelines, A.D.78 5Q467 (1834-1846-1850)

 

Anzahl der Fliesen im „Salle de bains du comte de Toulouse“

 

           
Landschap heel over       Landschap in het lof       Landschap in cirkel
                                                                                                  op gesprenkeld fond

Wandfläche

Landschap heel over

Landschap
in het lof

Landschap
in cirkel op gesprenkeld fond

Tableaus

1

102

10

107

---

3

80

7

60

---

5

132

29

234

104
108

7

48

5

52

---

9

15

6

35

91

2

102

10

107

---

4

80

7

60

---

6

132

29

236

104
108

8

48

5

52

---

10

15

6

35

91

Sturz

---

---

15

---

insgesamt

754
= 30,56 %

114
= 4,62 %

993
= 40,25 %

606
= 24,56 %

 

Kontrolle:
(10+7+29+5+7) x 2 x 21                                 = 2436 Fliesen
+ zusätzliche Höhe im Eingangsbereich  =      18 Fliesen
+ Sturz                                                                  =      15 Fliesen
                                                                                = 2469 Fliesen
- Lüftungsrahmen                                            =        2 Fliesen
insgesamt                                                            = 2467 Fliesen
=====================================

 

 

Literatur

Bentz, Bruno, Rambouillet. In: Châteaux de faience XiVe – XVIIIe siècle. Musée-Promenade de Marly-le-Roi. Louveciennes 1993, p. 99-102

Danis, Robert, La première maison Royale de Trianon 1670-1687. Paris 1927

Félibien, André, Description sommaire du Château de Versailles. Paris 1673

Fourest, Henry-Pierre, Delfter Fayencen. Stuttgart 1981

Guillen, Inocenco v. Pérez, Cerámica Arquitectónica Valenciana. Tomo II. Generalitat Valenciana z.j.

Hoynck van Papendrecht, A., De Rotterdamsche Plateel- en Tegelbakkers en hun product. 1590-1851. Rotterdam 1920

Jacobsthal, Johann Eduard, Süd-Italienische Fliesen-Ornamente. Berlin 1886

Joliet, Wilhelm, Die Geschichte der Fliese. Köln 1996.

Joliet, Wilhelm, ’De haan en de papegaai op bloemvaastableaus’. In: Tegel 27 (1999), p. 22-31, 11 afb.

Jonge, Jonkvrouwe C.H. de, ’Hollandse tegelkamers in Duitse en Franse kastelen uit de eerste helft van de 18e eeuw’. In: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 10 (1959), p. 125-209, 37 afb.

Jonge, Jonkvrouwe C.H. de, Nederlandse Tegels. Amsterdam 1971

Nicot, Guy, Le Château de Rambouillet, Art et Tourisme, Paris z.j.

 

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