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ROTTERDAMER

‚PORCELLAINE PLÄTTGEN‘

NACH VORLAGEN

DES KURFÜRSTLICHEN HOFES

IM TREPPENHAUS VON

JAGDSCHLOSS FALKENLUST

 

 

Stich von Nicolaus Mettel nach Johann Martin Metz, um 1755

 

 

Lage


Jagdschloss  Falkenlust liegt in der Stadt Brühl zwischen Bonn und Köln im Rheinland.

Es ist mit Schloss Augustusburg mittels Allee durch den Schlosspark verbunden. Die beiden Schlösser sind mit dem Park seit 1984 UNESCO-Welterbestätten.

 

 

Gebäude

 

Jagdschloss Falkenlust wurde von François de Cuvilliés (1695-1768) nach dem Vorbild der Nymphenburger Amalienburg als ‚maison de plaisance‘ für die äußerst beliebte Falkenjagd entworfen und von 1729 bis 1737 erbaut.

Das Schlösschen wird von zwei flachen Nebengebäuden flankiert, von denen aus ein schmiedeeisernes Gitter im Bogen nach vorne läuft und die Anlage von der offenen Landschaft abgrenzt. Die Feldseite des Jagdchlosses, entgegen der Allee zur Augustusburg führend, zeigt auf ursprünglich unbestelltes Jagdgebiet. Dieser Blick ist heute allerdings durch Baumaßnahmen und Ackerwirtschaft verstellt.

Der Grundriss des Jagdschlosses lehnt sich an die Amalienburg an. Es besitzt ebenso wie sein Vorbild auf dem Dach des Hauptgebäudes eine Aussichtsplattform, um von dort die Falkenjagd beobachten zu können. In den beiden Geschossen liegt in der Mittelachse ein Vorraum, der zu einem Salon führt. Dahinter befinden sich je ein Schlafzimmer, ein Kabinett und eine Garderobe für den Kurfürsten und einen Gast.

Die Ausführung lag in Händen von Michael Leveilly (1695-1762), Hofarchitekt des Kurfürsten. Dieser in Frankreich geborene und ausgebildete Entwerfer überarbeitete das Konzept des François de Cuvilliés und vervollständigte es mit eigenen, in Frankreich geprägten, Ideen.

 

 

Ausstattung


In einem Kabinett findet man kostbare chinesische Lackpaneele und Paravents, in einem anderen ist ein Spiegelkabinett eingerichtet. Im Speisezimmer thront über dem Kamin das lebensgroße Porträt von Kurfürst Karl Albrecht von Bayern (späterer Kaiser Karl VII.), einem Bruder von Kurfürst Clemens August.

Im Südteil des Schlosses befindet sich das Treppenhaus, das mit niederländischen Fliesen ausgeschmückt wurde. Die Deckenmalerei stammt von Laurenz de La Roque und zeigt Szenen der Falkenjagd.

 

 

Kurfürst Clemens August als Falkner,
um 1730. Brühl, Schloss Augustusburg

Kurfürst Clemes August

(*16. 8. 1700 in Brüssel - + 6. 2. 1761 in Koblenz),
Bauherr von Jagdschloss Falkenlust,
war ein großer Liebhaber der Jagd und insbesondere ihrer aristokratischsten Form,
der Jagd mit abgerichteten Falken auf Reiher.

Deshalb wünschte er sich neben dem großen Schloss Augustusburg in Brühl, das für offizielle Empfänge gedacht war, ein Schloss, in das er sich vor und nach der Jagd privat zurückziehen konnte.

Der Standort des geplanten Schlosses Falkenlust wurde durch die Flugroute der Reiher von ihren Nestern im Park bis zu den Fischgründen östlich bei Wesseling am Rhein bestimmt.

Im Jagdschloss wollte Clemens August kleine Gruppen begrüßen, geheime politische Verhandlungen führen und sich mit einer seiner Favoritinnen in relativer Abgeschiedenheit treffen.
Das Ergebnis dieser Wünsche ist Jagdschloss Falkenlust, eine ‚maison de Plaisance', die ihresgleichen sucht.

 

 

 
Liebe des Kurfürsten Clemens August zu Fliesen
(porcellaine plättgen)


Diese war wahrscheinlich erblich, denn sein Vater Max Emanuel (1662-1727) interessierte sich schon früh für niederländische Fliesen. Nachdem er 1679 Kurfürst von Bayern wurde, begann er mit dem Umbau und der Erweiterung der kurfürstlichen Residenz in München, indem er die Wände des neuen Alexander- und Sommerspeisesaals mit Fliesen verkleiden ließ. (Beide Räume wurden bereits 1725 renoviert; bei einem Großbrand 1729 gingen sie fast vollständig und im 2. Weltkrieg total verloren.)

1685 heiratete Max Emanuel die Tochter von Kaiser Leopold I. und wurde 1691 zum Statthalter der Spanischen Niederlande ernannt. Von März 1692 bis zum Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges 1701 hielt er sich für diese Position in Brüssel auf und besuchte mehrmals die nördlichen Niederlande. Seine Frau war inzwischen verstorben. In Brüssel wurden aus zweiter Ehe vier Söhne geboren, darunter 1697 Karl Albrecht, der unter anderem den bayerischen Titel erbte, 1700 Clemens August, der der Familientradition getreu Erzbischof von Köln und damit Kurfürst wurde. 1703 folgte Johannes Theodoor, der spätere Fürstbischof von Lüttich.

Im Spanischen Erbfolgekrieg stellte sich Max Emanuel auf die Seite Ludwigs XIV. und kehrte nach Bayern zurück. Nach der vernichtenden Niederlage der bayerischen und französischen Truppen gegen das Heer des Herzogs von Marlborough in der Schlacht bei Höchstädt (Blenheim) 1704 wurde Max Emanuel aus seinem Land verbannt, seine Frau blieb in Venedig, die Kinder in Klagenfurt und später in Graz unter Hausarrest.

Max Emanuel selbst verbrachte erneut einige Zeit in den Niederlanden und fand schließlich 1708 bei seinem französischen Verbündeten Unterschlupf. Er wohnte in Marly, dem Landsitz Ludwigs XIV. bei Versailles. Dieser Landsitz bestand aus einem Hauptgebäude und zwölf Pavillons, in denen Rotterdamer Fliesen mit u.a. Reiterdarstellungen verwendet wurden. Er verbrachte auch einige Zeit im Château de Saint Cloud, dem Landsitz von Philippe II. d'Orléans, dem späteren Prinzregenten von Louis XV. und als solcher Namensgeber des Régence-Stils. Auch dort sind Wandbekleidungen mit niederländischen Fliesen nachgewiesen.

Nach dem Frieden von Utrecht (1713) und dem anschließenden Frieden von Rastatt (1714) konnte Max Emanuel 1715 nach München zurückkehren, wo seine Familie zu ihm fand. Bereits 1702 wurde mit dem Umbau und der Erweiterung des Schlosses Nymphenburg, der 1664 erbauten Landresidenz des Kurfürsten bei München, begonnen und unmittelbar nach der Rückkehr des Kurfürsten 1715 die Arbeiten wieder aufgenommen.

Doch nun wurde nach französischen Beispielen gearbeitet, denn Max Emanuel war von der Pracht des Schlosses von Versailles und dem eleganten Charme der verschiedenen Landhäuser des französischen Königs und seiner Verwandten verzaubert.

Baumeister in Nymphenburg war Joseph Effner (1687 Dachau -1745 München), dessen Familie traditionell als Gärtner für den Kurfürsten arbeitete. Der junge Effner wurde zur Ausbildung zum Landschaftsgärtner nach Frankreich zu Le Nôtre geschickt, erhielt aber 1706 von Max Emanuel die Erlaubnis, bei dem französischen Architekten Gabriel Boffrand in die Lehre zu gehen. Effner kehrte 1715 nach Bayern zurück, wurde Hofbaumeister und entwarf eine französische Fassade für den 1716 fertiggestellten Hauptbau von Schloss Nymphenburg. Im Jahr darauf folgte der erste der Pavillons im Park von Schloss Nymphenburg, das Teehaus Pagodenburg, dessen Name schon sagt, dass die chinesische Mode Max Emanuel nicht unberührt gelassen hatte. Effner entwarf einen zweistöckigen achteckigen Bau, dessen Äußeres mit seinen hohen korinthischen Pilastern keineswegs chinesisch, sondern eher französisch anmutet. Im Inneren, dagegen erinnern cirka zweitausend Rotterdamer Fliesen mit blauer Bemalung auf weißem Grund an die Farben Bayerns aber auch an chinesisches Porzellan. Noch vor der Fertigstellung der Pagodenburg im Jahr 1719 begann im Park der Bau des nächsten von Effner entworfenen Pavillons, die Badenburg (1718-1721), die ein 8,70 mal 6,10 Meter großes Becken hat, dessen Wände mit Rotterdamer Landschaftsfliesen bedeckt sind.

Inzwischen waren die Söhne von Max Emanuel erwachsen und trugen verschiedene Ämter und Würden. Clemens August war bereits 1718 Fürstbischof von Regensburg, 1719 kamen die Fürstbistümer Münster und Paderborn hinzu und 1723 verlieh der Papst dem jungen Prälaten die Würde des Fürsterzbischofs von Köln, wodurch Clemens August auch Kurfürst wurde. Ein Jahr später fiel ihm das Fürstbistum Hildesheim, 1728 das von Osnabrück zu. Alle diese kirchlichen Ämter brachten Clemens August Reichtum und förderten seine Vorliebe für Luxus und angenehmen Zeitvertreib. Er hatte jetzt das Geld, um seine Vorlieben wie Jagen, weibliche Gesellschaft, das Gestalten von Gärten und Bauen modischer Gebäude voll auszuüben.

Hauptwohnsitz des Kölner Kurfürsten war Bonn. In dieser Stadt und deren Umgebung startete Clemens August ein großes Bauprogramm, das in Glanz und Aussehen den bayerischen Burgen und Schlössern seines Vaters und seines Bruders gleichkommen, wenn nicht sogar übertreffen sollte. So ließ er im Schloss Clemenshof in Bonn, ein Bad mit Fliesenverkleidung nach dem Vorbild der Badenburg einbauen.

Clemens August beschäftigte sich auch intensiv mit dem Umbau der Sommerresidenz in Brühl, nordwestlich von Bonn. 1728 ließ er François de Cuvilliés (1695-1768), den Architekten seines Bruders Karl Albrecht (1697-1745), röm.-dt. Kaiser und Kurfürst von Bayern, für den Entwurf der Sommerresidenz Augustusburg und für die Gestaltung von Falkenlust aus München nach Brühl kommen. De Cuvilliés stammte aus den südlichen Niederlanden. In Soignies im französischsprachigen Hennegau geboren, begann er seine Hoflaufbahn als Zwerg im Gefolge des im Exil lebenden Max Emanuel. Dieser stellte fest, dass Cuvilliés gestalterisches Talent hatte, ließ ihn eine geometrische Ausbildung erhalten, gab ihn zu Josef Effner in die Lehre, nahm ihn 1714 mit nach München und schickte ihn 1720 zu einer vierjährigen Ausbildung an die Académie Royale d'Architecture Paris unter Leitung von Jean François Blondel.

Nach dem Tod von Max Emanuel 1726 blieb De Cuvilliés Hofbaumeister der Wittelsbacher. Die Amalienburg (1734-1739) ist eine seiner bekanntesten Bauten, ein Jagdschloss im Park von Schloss Nymphenburg, das für die Frau des Kurfürsten Karl Albrecht bestimmt war. In der Prunkküche dieses eleganten Gebäudes sind viele Rotterdamer Fliesengemälde und Einzelfliesen zu bewundern.

 

 

Treppenhaus von Jagdschloss Falkenlust

 

Blick ins Treppenhaus (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Silvia-Margrit Wolf)

 

Funktion, Einrichtung und Dekoration sind beim Treppenhaus des Jagdschlosses Falkenlust perfekt aufeinander abgestimmt, was zu einem hervoragenden Ergebnis führte. François de Cuvilliés entwarf ein Treppenhaus, das den über zehn Meter hohen, im Grundriss rechteckigen Raum, optimal nutzt. Das durchbrochene schmiedeeiserne Ziergitter, in das die Initialen von Clemens August in Gold eingearbeitet sind, begleitet die leicht zu begehende einläufige Eichenholztreppe mit Podest. Unter Treppenlauf und Podest ist die Fliesendekoration auf den Fond gemalt. Nach der Aufdeckung 1970 wurde die Bemalung durch die Restaurierungswerkstatt II des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege teilweise ergänzt.

Die Gestaltung der Fliesenverkleidung macht das Treppenhaus zu einem luftigen Ganzen. Das Licht tritt durch die Fenster auf zwei Seiten ein und strahlt klar von den gefliesten Wänden ab, wodurch eine gleichmäßige Beleuchtung entsteht. Raumhohe Fliesenwände, die sich über zwei Etagen erstrecken, sind einzigartig.

Inspirationsquelle sowohl für den Bauherrn als auch für seinen Architekten dürfte das kleine geflieste Treppenhaus der Pagodenburg im Nymphenburger Park gewesen sein. Bei Falkenlust ist diese Tatsache alledings perfekt ausgearbeitet. Zudem wurde die Dekoration der Fliesen dem Thema des Lustschlosses, der Falknerei, angepasst. Die Wände sind komplett mit Fliesen bekleidet, die mit verschiedenen Motiven der Falknerei bemalt sind, eingerahmt von Fliesen mit Rauten, die vom Wittelsbacher Hauswappen abgeleitet sind. Grundmotiv der Wandgliederung ist ein Netz aus Fliesen in blauer Inglasurmalerei auf weißem Grund. Dieses Rautennetz schließt zwei Gruppen von jeweils 18 Bildfliesen ein, die sich horizontal wie vertikal wiederholen.Die eine Gruppe zeigt Teilnehmer der Jagd: Falkner zu Pferd, ruhende und Federspiel schwenkende Falkner, zuschauende Damen, ein Falkenjunge, Reiher und Falken in den Lüften. Die andere Motivgruppe besteht aus Beute- und Jagdvögeln: Reiher über ihrem Horst, an Fischgründen, im Kampf mit Falken, Falken mit Hauben auf der Reck. Auf den Hauben einiger Falken ist das Monogramm CA des Kurfürsten Clemens August zu finden.

 

Fliese D 15

 

 

Rückseiten von Fliesen im Treppenhaus

 

 

Vorderseite der Fliese C 4                                 Rückseite der Fliese C 4

 

Auf den Rückseiten wurden die Fliesen von den Fliesenmalern mit den Buchstaben C, D und den Ziffern 1- 18 bezeichnet.

 

Feld C mit von mir eingefügten Buchstaben C und den Ziffern 1 bis 18 (Foto: Rüdiger Block)

 

Feld D mit von mir eingefügten Buchstaben D und den Ziffern 1 bis 18 (Foto: Rüdiger Block)

 

 

 

Stephan Laurenz de La Roque (* vor 1695 in Frankreich - + 7.5.1742 in Bonn)

La Roque war einer der Künstler, die der Kölner Kurfürst Joseph Clemens von Bayern, nach der Rückkehr aus seinem Exil in Frankreich, 1715 an den kurkölnischen Hof nach Bonn berief. 1719 war er ‘Kabinettsmaler’ in Rangklasse der ‘Hof-Offiziere’. Er schuf Deckendekorationen für Bauten des Kurfürsten Joseph Clemens aber auch 1725-1727 für das Bonner Stadtpalais des Ministers Ferdinand von Plettenberg.

 

 

Entwurf für den Treppenhaus-Plafond von Schloss Falkenlust, um 1730 (München Stadtmuseum).

- Dieser Entwurf wurde nicht ausgeführt -

 

Treppenhaus-Plafond von Schloss Falkenlust (Foto: Rüdiger Block)

 

 

Stephan Laurenz de La Roque führte den Plafond 1736 mit Gehilfen aus.

 

      

(Foto: Rüdiger Block)                                             (Foto: Rüger Block)

Zu Vergleich Fliesen C 11 und C 3                          Zu Vergleich Fliese C 7 – spiegelbildlich -

 

       

(Foto: Rüdiger Block)                                            (Foto: Rüdiger Block)

                                                                                Zum Vergleich Fliese C 17

 

Im Deckenbild und in den Fliesenbildvorlagen findet man vergleichbare Elemente, die auf den gemeinsamen Urheber hindeuten.

 

 

 

 

Vorlagen vom kurfürstlichen Hof für die Rotterdamer ‘porcellaine plättgen’

 

Frederik Jacobus Kleijn, ehemaliger Besitzer der Fliesenwerkstatt ‚Piet Hein‘ in Delfshaven, schenkte 1876 dem Stadtarchiv Rotterdam eine größere Menge Zeichnungen, Grafiken und Durchstaubschablonen. Ein Teil dieser Schenkung stammte aus der Fliesenwerkstatt von Van Traa ‚Schiedamsedijk/Leuvehaven‘, die 1853 schloss. F.J. Kleijn hatte von 1842 bis 1850 als Buchhalter in dieser Werkstatt gearbeitet. Er kaufte noch 1863 Zeichnungen und Vorlagen von Van Traa. Die Fliesenwerkstatt ‚Schiedamsedijk/Leuvehaven‘ wurde um 1675 gegründet und wurde von 1690 bis 1790 von verschiedenen Mitgliedern der Familie Aalmis geleitet.

Piet Ratsma, Leiter des Topografisch- Historischen Atlas des Stadtarchivs, erstellte 1976 u.a. die erste vollständige Bestandsaufnahme der Stiftung. Bis 2008 forschte er weiter und fügte Daten hinzu.

 

 

 

Zwei aquarellierte Landschaftsveduten als Teile der Schenkung

 

Stadsarchief Rotterdam, 1976-3392, ca. 52,5x64 cm (Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

Nachdem der Auftrag der Fliesenlieferung nach Falkenlust ausgeführt war, hatten die vom kurfürstlichen Hof gelieferten Vorlagen ihren Zweck erfüllt. Fliesenmaler erkannten die Qualität in Erfindung und Komposition dieser Vorlagen, schnitten die Motive aus und klebten sie auf eine aquarellierte Landschaft.

 

Stadsarchief Rotterdam, 1976-3393, ca. 52,5x64 cm (Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

Die Vorlagen wurden vom ‘Kabinettsmaler’ Stephan Laurenz de La Roque und / oder seinen Gehilfen auf dickem Zeichenpapier mit wasserlöslichen Farben gemalt und mit der Feder akzentuiert. Sie sind bis in feinste Einzelheiten ausgearbeitet, wobei die Konturen und Schattentiefen scharf in schwarz betont und die Höhungen in bräunlichem Violett gegeben sind. Helldunkelwerte waren die wichtigsten Vorgaben, welche die Fliesenmaler vom Entwerfer brauchten, um die Motive mit dem Pinsel in Blautöne auf die Zinnglasur zu übertragen.

Betrachtet man die Vorlagen aus der Nähe, so erkennt man hunderte feinster Nadelstiche auf den Konturen und in den Binnenzeichnungen.

Die Stärke des Papiers war Voraussetzung für die Durchlöcherung der Vorlagen bei der Herstellung von Durchstaubschablonen in der Fliesenwerkstatt.

 

 

 

 

Herstellung und Dekoration einer Fliese


Nur wer Herstellung und Dekoration einer Fliese kennt, kann deren Wert ermessen.

 

Herstellung und Dekoration einer Fliese (Foto: Jan Pluis)

 

Mit Hilfe eines Formrahmens und eines Rundholzes formt man die Fliese aus vorbereitetem Ton. Nach ausreichender Trocknung erfolgt der erste Brand (Roh- oder Schrühbrand). Danach wird die Fliese mit einer weiß brennenden Zinnglasur überzogen (1) und darauf das Dekor aufgebracht.

Erster Arbeitsgang der Dekoration ist das Auflegen einer Durchstaubschablone (2) auf die Fliese. Die Durchstaubschablone wird wie folgt gefertigt: Eine Grafik oder eine Zeichnung benutzt man als sogenannte Mutterschablone. Auf Maß geschnittene Blätter Papier legt man unter die Mutterschablone und die Konturen werden mit einer Nadel durchstochen. Auf den unter der Mutterschablone liegenden Blättern (Arbeitsschablonen) ist nun die Darstellung in kleinen Löchern zu sehen. Eine Arbeitsschablone wird im weiteren Arbeitsprozess eingesetzt. Diese legt man auf die mit Zinnglasur überzogene Fliese. Mit einem mit Holzkohlepulver gefüllten Leinensäckchen (3) wird auf die Arbeitsschablone geklopft. Holzkohlepulver dringt durch die Perforation der Konturen der Darstellung und liegt in feinen schwarzen Pünktchen auf der Zinnglasur (4). Nun kann der Maler das aus punktierten Umrissen bestehende Motiv nachziehen (5-6), Schattierungen anlegen und eventuell noch Eckornamente aufbringen (7). Die Mutterschablone dient dem Fliesenmaler als Vorlage. Die Fliese wird abschließend noch einmal gebrannt (Glattbrand) (8).

 

 

 

Durchstaubschablonen für Fliesen im Falkenluster Treppenhaus

Außer den beiden aquarellierten Landschaftsveduten enthält die Schenkung F.J. Kleijn im Stadtarchiv Rotterdam auch zwanzig Durchstaubschablonen für Bildfliesen im Treppenhaus von Schloss Falkenlust (GAR 1976-3151t/m 3170). Damit steht die Zuschreibung der Fliesen in Falkenlust an eine Rotterdamer Fliesenwerkstatt außer Frage.
Die Blätter aus handgeschöpftem Papier, auf denen Details von Wasserzeichen zu erkennen sind, messen ca. 13 x 13 cm. Die Darstellungen bestehen ausschließlich aus sehr feinen Stichlöchern, die dicht nebeneinander platziert sind.
Da die Durchstaubschablonen von Fliesenmalern benutzt wurden, sind die Oberseiten vom Holzkohlepulver schwarz gefärbt. Auf den Unterseiten erkennt man die Konturen der Motive als dunkle Nadelstiche. Diese sind natürlich spiegelbildlich zur später bemalten Fliese.

 

       

Oberseite der Durchstaubschablone 3153                Unterseite der Durchstaubschablone 3153

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)                                (Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

 

 

 

 

Transport der Fliesen

 

Die Baurechnungen für Falkenlust vermelden für 1731 ‘Denen Erben deß Johann Baptist Dulman in Cöln für fracht von 26 Kisten von porcellaine plättgen so aus Hollant kommen seynt laut beylag zahlt 78 [Reichstaler] 581/2 [Stüber]’.

 

 

Baurechnung für Falkenlust im Hauptstaatsarchiv (HSTAD KK IV 4357, fol.68’, Nr. 50)

(Fotoarchiv Wilfried. Hansmann)

Die Bezeichnung ‚porcellaine plättgen‘ macht deutlich, worum es in Falkenlust und anderen Schlössern ging. Die Fliesen wurden als hervorragende Nachahmung des chinesischen Porzellans wahrgenommen und entsprachen damit dem Geschmack der Chinoiserie. Was ‚Hollant‘ angeht, kann man genauer sein: Die Fliesen kamen aus Rotterdam. Den Beweis dafür findet man in der Sammlung von Zeichnungen, Drucken und Durchstaubschablonen, die F.J. Kleijn 1876 dem Rotterdamer Stadtarchiv schenkte.

 

Cornelius van Kleeff’, der ‘porcellaine plättgen’ ansetzte

Nach der Erwähnung von 26 Kisten ‚porcellaine plättgen‘ in einer Baurechnung für Falkenlust im Jahr 1731 erfolgte 1732 eine Zahlung an den Holländischen Mäurersgesell Cornelius van Kleeff, der an der ‚Aufsetzung der porzellaine plättgen‘ beteiligt war. Als Lohn erhielt er 77 Reichstaler 40 Stüber 12 Heller für 103 Arbeitstage. Außerdem wurden dem holländischen Mäurersgesell 1732 erhebliche Reisekosten gezahlt, nämlich 40 Reichstaler 55 Stübern 8 Heller.

 

 

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Baurechnung für Falkenlust (HSTAD KK IV 4358, fol.71’, Nr. 126) im Hauptstaatsarchiv

(Fotoarchiv Wilfried Hansmann)


1736 - also nach der offiziellen Eröffnung von Falkenlust - wurde noch an 'Dülmans Erben in Cöllen fracht von 5 Kisten porcellaine plättgen aus Holland' bezahlt. 1737 wurden einige Tagelöhner für das Ansetzen von Fliesen im Treppenhaus bezahlt.
Bei der Restaurierung in den Jahren 2000-2003 konnte genau festgestellt werden, wie Cornelius van Kleeff gearbeitet hat. Zur Vorbereitung wurde zunächst eine Schicht Glattputz auf die Wände aufgetragen. Die Fliesen setzten Cornelius van Kleeff und seine Helfer darauf mit einer Mischung aus Trass, Kalk und Sand mit möglichst engen Fugen an. Bei der Restaurierung konnte auch gezählt und berechnet werden, wie viele Fliesen für Falkenlust benötigt wurden, nämlich 10.581 für das Treppenhaus und 1.697 für den großen Salon, insgesamt also 12.278 Stück.

 

 

         
         
         Gegenüberstellungen von Vorlagen, Durchstaubschablonen und Fliesen


          Die Maße der Darstellungen sind in Vorlagen, Durchstaubschablonen und Fliesen identisch. Abweichungen sind meinen unterschiedlichen Fotos geschuldet.


                                                        Feld C

 

            Vorlage vom
      kurfürstlichen Hof

  Durchstaubschablone im
  Stadsarchief Rotterdam

          Fliese im Treppenhaus
 
         von Schloss Falkenlust

 

Detail aus 1976-3392
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3151
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 1

 

 

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C 2

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3152
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 3

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1976-3157
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 4

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3159

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 5

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3156

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 6

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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C 7

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C 8

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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C 9

 

 

Detail aus 1976-3392
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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C 10

 

 

Detail aus 1976-3392
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

1976-3153
(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

C 11

 

 

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

 

1976-3161

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)


C 12

 

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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C 13

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C 14

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C 15

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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C 16

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C 17

 

 

 

Detail aus 1976-3392

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

 

1976-3154

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

C 18

 

 

 

Feld D

             Vorlage vom

kurfürstlichen Hof

Durchstaubschablone im Stadsarchief Rotterdam

             Fliese im Treppenhaus

von Schloss Falkenlust

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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D 1

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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D 2

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1976-3168

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 3

 

 

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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D 4

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1976-3158

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 5

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1976-3167

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 6

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3160

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 7

 

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1976-3169

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 8

 

 

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3162

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 9

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1976-3165

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 10

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1976-3166

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 11

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1976-3164

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 12

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D 13

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D 14

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D 15

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

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D 16

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

1976-3155

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

D 17

Detail aus 1976-3393

(Foto: Stadsarchief Rotterdam)

 

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D 18

 

 

 

 

 

Benutzte Literatur

          Joliet, Wilhelm,’Hollandse tegelkamers in Duitse kastelen Falkenlust en Augustusburg te Brühl’, Königswinter 1982

Joliet, Wilhelm, ‘Von Rotterdam nach Brühl’ (Ausstellungskatalog), Het Nederlands Tegelmuseum “It Noflik Sté”, Otterlo, 27. September 1986 – 4. Januar 1887, Königswinter 1986

Hansmann, Wilfried – Joliet, Wilhelm, ‘Die Bildfliesen im Treppenhaus von Schloss Falkenlust zu Brühl’, Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, Band 37, Seiten 77-116, Köln 1996

Joliet, Wilhelm, ‘Die Geschichte der Fliese’, Köln 1996

Hansmann, Wilfried, ‘Schloss Falkenlust in Brühl’, Worms 2002

Hansmann, Wilfried – Joliet, Wilhelm, ‘Viel Tausend Vergnügen mit Falken und Reihern – Die Rotterdamer Fliesen und Fliesentableaus in Schloss Falkenlust zu Brühl -, Brühl 2004

Mit Fotos von Rüdiger Block im Auftrag der Verwaltung Schloss Brühl

Joliet, Wilhelm, ‘Tegels voor der keurvorst’ in: Tegels uit Rotterdam 1609 – 1866, Zaltbommel 2009, p. 178-202

Wikipedia

 

 

 

Danksagung

Frau Christiane Winkler von der Schlossverwaltung Brühl, Frau Stefanie Bertz vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland und Herrn Rüdiger Block danke ich für Veröffentlichungsrechte.

Meinem Sohn Norbert danke ich für Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.