Rotterdamer
Fliesengemälde im
Palácio Saldanha / Palácio da Ega
in Lissabon
Stadtansicht
von Konstantinopel
- Fliesengemälde und graphische Vorlage -
Der bedeutende portugiesische Fliesenforscher J. M. dos Santos
Simões (1) veröffentlichte 1949 den Bericht ‚OS AZULEJOS HOLANDESES DO PALÁCIO
SALDANHA’ (2). Er beschrieb darin die Geschichte des Palastes und Fliesen-gemälde
mit Stadtansichten von Antwerpen, Hamburg, Köln, Konstantinopel, London,
Middelburg, Rotterdam und Venedig. Alle acht Fliesengemälde wurden auf
ganzseitigen Tafeln in Graudruck vorgestellt. Den Bericht von 1949 übernahm J.
M. dos Santos Simões 1959 in sein Buch ‚Carreaux céramiques hollandais aux
Portugal et en Espagne’ (3).
01
Aus zwei Fotos zusammengefügte Ansicht von Konstantinopel
(Repro aus dem Buch ‚Carreaux céramiques hollandais aux Portugal et en
Espagne’)
02
Ansicht des Palastes von der Calçada da Boa-Hora
03
Festsaal (Salão Pompeia) im Palácio da Ega
Die Fliesengemälde
Von 1687 bis 1698 war die Einfuhr von Fliesen nach Portugal
verboten. Danach sind verstärkt Lieferungen von niederländischen Fliesen nach
Lissabon, Figueira da Foz, Nazaré und Cádiz bekannt.
Jan van Oort und Willem van der Kloet aus Amsterdam sowie Jan
Aalmis aus Rotterdam signierten Fliesengemälde. Bei den Stadtansichten im Palácio
da Ega sucht man vergeblich danach. Unterlagen über den Ankauf der Fliesen fand
J. M. dos Santos Simões bei seinen gründlichen Recherchen nicht. Er schrieb
die acht Stadtansichten schon 1949 dem Rotterdamer Fliesenmaler Cornelis
Boumeester (4) zu.
Nach dem Vergleich dieser Stadtansichten mit vielen anderen von
Cornelis Boumeester signierten Fliesengemälden schreibe auch ich ihm die
Arbeiten zu. Seine Art der Umsetzung von grafischen Vorlagen zu den großformatigen
Stadtansichten und Details zum Beispiel die Ausarbeitung von Wolken, Wellen und
Vögeln erhärten die Zuschreibung.
Beschreibungen der Stadtansichten
In lockerer Folge beschreibe ich die acht Stadtansichten.
Den Anfang machte ich mit "Rotterdam“.
Es folgten die Berichte "Antwerpen“
"Köln“ und "Hamburg".
Der vorliegende Bericht „Konstantinopel“ dient in der
Hauptsache dem Vergleich von Fliesengemälde und grafischer Vorlage.
Das Fliesengemälde „Konstantinopel“
Die Ansicht des Fliesengemäldes „Konstantinopel“ wird
durch eine Säule zum Teil abgedeckt (siehe Bild 03). Es war deshalb
erforderlich, die Teilbereiche links und rechts zu fotografieren und die beiden
Fotos zu einem Bild zusammenzufügen.
04
Linker Teil des Fliesengemäldes
05
Rechter Teil des Fliesengemäldes
06
Aus zwei Fotos zusammengefügte Ansicht von Konstantinopel
Das Fliesengemälde zeigt im Vordergrund den nördlichen Teil
mit Pera und Galata
07
Die Reihen 3-5 von 9 verweisen auf die markanten Punkte des
Fliesengemäldes.
08
Detail 1
09
Detail 2
10
Detail 3
11
Detail 4
Grafische Vorlage
Vorlage für das Fliesengemälde war höchstwahrscheinlich der
Kupferstich „Prospect der Türckisch: Haupt- und Residentz-Stadt STAMBUL oder
CONSTANTINOPEL, von Mitternacht anzusehen“ des Johann Baptist Homann.(6)
Diese Grafik besitze ich als Kupfertiefdruck der Broschek &
Co., Hamburg
12
Hinweise auf der Grafik
a Seraglio, 1 T: Kan Cantzlay, 2 Zeughauß, 3 S. Sophia, 4
Hippodromus,
13
Detail 1
a Seraglio
Topkapi Sarayi, ehemalige Palaststadt der Sultane, auf dem ersten der Sieben Hügel
und an Stelle der ältesten Straßenzüge von Byzanz.
1 T:Kan Cantzlay
Teil des Topkapi Sarayi
2 Zeughauß
Aya Irini Kilisesi. Die Kirche des Göttlichen Friedens wurde nach der Eroberung
Konstantinopels im Jahr 1453 von den Türken als Zeughaus (Waffenarsenal)
benutzt.
3 S.Sophia
Ayasofya. Die Hagia Sophia war fast 1000 Jahre das geistliche Zentrum des
Byzantinischen Reiches. Nach der Eroberung durch die Türken wurde die Kirche
die Hauptmoschee Istanbuls. Seit 1935 ist sie eine der meistbesuchten Museen der
Welt.
5 Gefängnus
Der Gefängnisturm existiert nicht mehr in Pera.
14
Detail 2, im Vordergrund Pera und im Hintergrund Stambul
4 Hippodromus
At Meydani. An der Nordwestseite der Blauen Moschee erstreckt sich heute ein
Platz, an dem schon im 2. Jahrhundert ein Hippodrom Mittelpunkt öffentlichen
Lebens mit Wagenrennen, Schaukämpfen und Zirkusspielen war. Auf dem Turm der
Nordfassade stand ein ehernes Vierergespann, das im Jahre 1204 nach Venedig
geschafft wurde. Die Originale stehen im Museo Marciano, Kopien auf der Galerie
von San Marco in Venedig.
24 Eine Hohe seule
Çemberlitas (Verbrannte Säule). Die Säule wurde unter Konstantin dem Großen
errichtet. Sie war ursprünglich ca. 50 Meter hoch und wurde bekrönt durch ein
Bronzebild Konstantins. Die Säule wurde durch Witterungseinflüsse und Brände
stark beschädigt. Das Bronzebild existiert nicht mehr und Säule misst jetzt
nur noch rund 35 Meter.
25 Ibrahim Bassa
Ibrahim Paşa Serayı
6 Sultans Bejazeth Mosche
Bayezid-Moschee
27 Alte Serail der Alten Sultaninen
Diese Gebäude existieren nicht mehr.
29 Überfahrt
Überfahrt von Pera nach Stambul.
15
Detail 3
7 Solymans Mosche
Sultan Süleyman I. Külliyesi.
8 Sulda Mahomets Mosche
Şehzade Camii (Prinzenmoschee)
9 Wasserkunst
Bozdoğan Kemeri
10 Seule auffm Amrathbaschar Avrat Taşi,
Arcadius Sütunu
11 Schloß Siebenthürn
Yedikule
12 Mahomets Bascha Mosche
Çerrah Paşa Camii
13 Sultans Mehemets Mosche
Sultan Mehmet Fâtih Külliyesi
Im Jahre 1453 ließ Sultan Mehmet Fâtih auf dem vierten Hügel
der Stadt eine Moschee errichten. Durch Erdbeben in den Jahren 1509 und 1766
erlitt die Moschee schwerste Beschädigungen. Sie wurde durch einen 1771
fertiggestellten Neubau ersetzt.
16
Detail 4
14 Suldans Selim Mosche
Selimiye Camii
Die Moschee wurde auf Anordnung von Süleyman dem Prächtigen 1522 hoch über
dem Goldenen Horn auf dem fünften Hügel der Stadt erbaut.
15 Constantini Palast
Tekfur Sarayı
Von der ehemaligen Kaiserresidenz sind heute nur noch Ruinen erhalten.
17 Constantini pfort
Diese Ehrenpforte existiert nicht mehr.
20 Arsenale
Der Bezirk Arsenal im Stadtteil Galatasaray existiert noch.
22 St. Galatini Kirch
Die Kirche existiert nicht mehr.
23 Iacobs Kirch
Die Kirche existiert nicht mehr.
28 Ein Stuck des Constantini Palast darinen des T:K Elephanten
stehen
Existiert nicht mehr.
30 Galata
Galata ist heute ein Viertel des Istanbuler Stadtteils Beyoğlu.
Vergleich Grafik – Fliesengemälde
17
Detail 1
18
Detail 2
19
Detail 3
20
Detail 4
21
Detail 5
In der unteren rechten Ecke des Fliesengemäldes (Bild 06)
sieht man vier Frauen in unterschiedlicher Tracht. Das Bild zeigt zwei
griechische, eine jüdische und eine türkische Frau.
22
Im Museum Princessehof (7) in Leeuwarden liegt ein Kupferstich
eines unbekannten Künstlers mit den vier Frauen vor einem Panorama von
Constantinopolis – Stamboul.
Die Beischriften dieses Stiches sind in Französisch und
Niederländisch gehalten.
Anmerkungen
(1) J. M. dos Santos Simões (* Lissabon 17.07.1908 - +
Lissabon 15.02.1972)
Nach dem Studium zum Textilingenieur in Frankreich ließ er sich in der portugiesischen Stadt Tomar nieder. Dort schrieb er eine Studie über das Christuskloster, dessen Konservator er war. Die Stadt Tomar ernannte ihn zum Ehrenbürger. Zurück in Lissabon beschäftigte er sich fortan mit der Geschichte der Fliese. Ab 1944 folgten viele Veröffentlichungen zu diesem Themenbereich.
In den Gebäuden von Madre de Deus in Lissabon, wo sich in der Kirche die größten niederländischen Fliesentableaus befinden, gründete J. M. dos Santos Simões der Welt größtes Fliesenmuseum. Es öffnete seine Pforten während des “1st International Symposium on Tiles“ (13.-20. Oktober 1971). Während des Postsymposiums (20.-27. Oktober 1971) erlitt J. M. dos Santos Simões einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht wieder erholte.
(2) J. M. dos Santos Simões, Os Azulejos Holandeses do Palácio Saldanha. Lisboa, 1949. Separata da Revista e Boletim Academia National de Belas Artes, 2° Serie, Numero 1. Die acht Stadtansichten ließ er schon 1944 fotografieren.
(3) J. M. dos Santos Simões, Carreaux céramiques hollandais
aux Portugal et en Espagne’, Martinus Nijhoff, La Haye, 1959.
(4) Notiz bei Hoynck van Papendrecht, A., DE ROTTERDAMSCHE PLATEEL- EN TEGELBAKKERS EN HUN PRODUCT 1590-1851 - Bijdrage tot de geschiedenis der Oud-Nederlandsche majolika :
„Cornelis Pieterszn. Boumeester, jongman van Rotterdam, wonende in de Nieuwe Vranckestraet, trouwt 13 December 1676 met Adriaentjen Jacobsdr. de Back, jongedochter van Rotterdam, wonende op de Delftschevaart (Geref. Trouwb. N0. 10). Zij sterft op hoogen ouderdom; in de eerste week van Maart 1732 wordt als overleden aangegeven: „Adriana de Back, huijsvrouw van Cornelis Boumeester op de Vest bij d’Oranjeboom“ (Dooden die betalen, N0. 3). Niet lang daarna maakt „Cornelis Boumeester, gewesene tegelschilder, woonagtig‘ op Stads Binnevest omtrent de Delfsepoort“, testament (Notaris Hartman de Custer, Akte 33). Anderhalf jaar later sterft ook hij; „Cornelis Boumeester, weduwnaer van Adriana de Bak op de Vest, 8-14 Nov. 1733“ (Weeskamer, Reg der Overledenen, L 1). Zijne woning stond aan de Vest „bij de Delfse Poort“ (Begraafboek).
Den 29 Mei 1693 en 26 Mei 1694 komt zijn naam voor op de nominatie voor hoofdlieden van de tegelbakkersknechts; in Mei 1694 wordt hij als zoodanig benoemd.
In 1696 schrijft Boumeesters tijdgenoot, Gerard van Spaan (Beschrijvinge der stad Rotterdam) `eene opsomming van levensbizonderheden omtrent vele Rotterdamsche schilder`, na er reeds een goed dertigtal genoemd te hebben, het volgende: „Kornelis Boumeester, welke hooger geplaatst had behooren te werden, is een zeer goed scheepstekenaar; voorts weet hij meesterlijk de steden, kusten, baijen, inhammen, stormen en schipbreuken af te beelden, en de schepen zoodanig af te schetsen, dat‘er niet een touwtje aan ontbreekt“.
(5) Konstantinopel http://de.wikipedia.org/wiki/Konstantinopel
Konstantinopel wurde wie Rom auf sieben Hügeln erbaut.
„Alt-Istanbul im Stadtteil Fatih wird vor allem von den Großmoscheen und einer ehemaligen Kirche geprägt, die auf den sieben Stadthügeln thronen. Auf dem ersten Stadthügel liegt die Hagia Sophia und knapp dahinter die Sultan-Ahmed-Moschee, auf dem zweiten die Nuruosmaniye-Moschee, auf dem dritten die Süleymaniye-Moschee, auf dem vierten die Fatih-Moschee Sultan Mehmeds II., auf dem fünften die Sultan-Selim-Moschee, auf dem sechsten die Mihrimah-Moschee und auf dem siebten, nicht vom Goldenen Horn einsehbaren Stadthügel die Haseki-Hürrem-Sultan-Moschee.“ (Ausschnitt aus wikipedia./org/wiki/Konstantinopel
(6) Johann Baptist Homann http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_Homann
(7) Museum Princessehof Leeuwarden
Bildnachweise
01 Repro aus J. M. dos Santos Simões, Carreaux céramiques
hollandais aux Portugal et en Espagne’, Martinus Nijhoff, La Haye, 1959
02 Archiv Rainer Marggraf
03 Arquivo Histórico Ultramarino, Lisboa
04-05 Archiv Rainer Marggraf
06 Norbert Joliet Bildbearbeitung aus 04 und 05
07-21 Wilhelm Joliet
22 Repro aus: Annelies Abelmann, Topkapi en Turkomanie.
Turks-Nederlandse ontmoeting sinds 1600, Amsterdam 1989 (redactielid en auteur)
Artikel “Al wat van haar vereijscht wordt: Nederlanders over Turkse
vrouwen”, in Basjibozoek, Leeuwarden 1989, onder redactie van Hans Theunissen
en Wim Meulenkamp (Tentoonstellingen in het Princessehof in Leeuwarden en in het
Volkenkundig Museum te Rotterdam, 1989)
www.anneliesabelmann.com
Benutzte Literatur
Zum Palast und zu den Fliesengemälden:
J. M. dos Santos Simões, Os Azulejos Holandeses do Palácio Saldanha’ (Lisboa 1949)
J. M. dos Santos Simões, Carreaux céramiques hollandais aux
Portugal et en Espagne (La Haye 1959)
Zur Person des Cornelis Pieterszn. Boumeester:
A Hoynck van Papendrecht, De Rotterdamsche Plateel-en
Tegelbakkers en hun product, 1590-1851; bijdrage tot de geschiedenis der oude
noord-nederlandsche majolika (Rotterdam 1920)
Zur Stadt Konstantinopel:
Wikipedia
Baedekers Reiseführer Istanbul
Dank
Für vielfältige Hilfe danke ich Herrn Dr. H.P.A. Theunissen, Faculteit der Geesteswetenschappen, Leiden.