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Das zweite Vorzimmer des Sommerappartements von Schloss Augustusburg, darin Rotterdamer und Utrechter Fayencefliesen des 18. Jahrhunderts

 

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Blick von Osten in den Ehrenhof der UNESCO-Welterbestätte Schloss Augustusburg in Brühl.

 

Schloss Augustusburg

Im Auftrag des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Clemens August (* 16.08.1700 in Brüssel; † 06.02.1761 auf Schloss Philippsburg in Koblenz-Ehrenbreitstein) aus dem bayerischen Hause Wittelsbach wurde 1725 unter Leitung des westfälischen Baumeisters Johann Conrad Schlaun mit der Errichtung des Schlosses auf den Ruinen einer mittelalterlichen Wasserburg begonnen.

1728 übernahm der kurbayerische Hofbaumeister François de Cuvilliés die Leitung von Baumaßnahmen und Ausgestaltung der Residenz. Bis zur Vollendung des Schlosses 1768 wirkten bedeutende Künstler mit. Balthasar Neumann fertigte zum Beispiel den Entwurf für das prunkvolle Treppenhaus. Es entstand ein Gesamtkunstwerk im Zusammenspiel von Architektur, Plastik, Malerei und Gartenkunst, gewürdigt mit der Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der Menschheit durch die UNESCO. Schloss Augustusburg gehört zu den bedeutenden Barockbauten in Deutschland.

Das Land Nordrhein-Westfalen ist Eigentümer. Schloss und Park sind für die Öffentlichkeit zugänglich.

 

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Grundriss Erdgeschoss

 

Das Sommerappartement

Es liegt größtenteils im Erdgeschoss des Südflügels und war für das Empfangszeremoniell des Kurfürsten Clemens August bestimmt.

Die Räume 3 Falkengang, 4 Sommerspeisesaal, 5 Anrichte, 6 Heilig-Geist-Kapelle, 7 erstes Vorzimmer, 8 zweites Vorzimmer, 9 Audienzsaal, 10 Paradeschlafzimmer und 11 Kabinett sind die markantesten des Sommerappartements.

 

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Blick vom ersten Vorzimmer (Raum 7) zum Kabinett (Raum 11)

Das Weiss - Blau der Fliesenbekleidungen und die Marmorböden vermitteln Kühle an warmen Sommertagen. Weiß und Blau waren die Hausfarben des Kurfürsten aus dem Geschlecht der Wittelsbacher.

 

 

 

Das zweite Vorzimmer (Raum 8)

 

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Westwand des zweiten Vorzimmers (Raum 8) mit Blick in das erste Vorzimmer (Raum 7).

Eine nach dem Tod des Kurfürsten erstellte Inventarliste von 1761 nennt für diesen Raum u.a. tapeten von Chinesischen peckin, zwei Spieltische, zwölf ’mit rieth geflochtene gelbe stühl mit daraufliegenden grünseidenen küßen’, der Lüster stammte aus Murano. Auf einem Konsoltisch zwischen den beiden Fenstertüren stand ’eine planetenuhr’. Spiegel und Bilder waren alle ’in weißhöltzener rahmen angehefftet’.
Das vertikal gestreifte Seidengewebe der Wandbespannungen wurde 1982 rekonstruiert.

 

 

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Das Gemälde ’Pfauen’ über der Tür zum ersten Vorzimmer (Raum 7) ist Teil der ursprünglichen wandfesten Ausstattung.

 

 

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Zwei Gemälde, zwischen stuckierter Deckenkehle und Fliesensockel platziert, schmücken die Westwand.

 

 

 

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Mit Rocaille reich verzierter Konsoltisch vor einem Wandsockel aus Rotterdamer Fliesen.

 

 

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Rotterdamer Fliesen der Art ’Kievitseitjes’ wurden im Wechsel mit uni weißen Fayencefliesen ’Witte’ in Sockel- und Fensterzonen des zweiten Vorzimmers diagonal angesetzt.

 

 

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Im Gemeentearchief von Rotterdam befindet sich unter den vielen Archivstücken, die Bezug zu Fliesen haben, ein Vorlagenbuch (THA 3195) für Fliesenmaler.

Blatt 32 (alt 88) im Format von 13x13 cm war Vorlage für die im zweiten Vorzimmer verwendeten Fliesen mit dem in Ausspartechnik gemalten Tulpen-Nelken-Dekor. In einem Inventurverzeichnis der Rotterdamer Fayencewerkstatt van Traa ’De Bloempot, Schiedamsedijk/Leuvehaven’ aus dem Jahr 1849 wurden diese Fliesen ’uitgevulde Tulp & Nagel’ genannt. Aus den Bauakten für die Augustusburg sind keine Hinweise auf die Lieferung dieser Fliesen aus Rotterdam bekannt. Eine Zuschreibung an den Produktionsort Rotterdam mit den damals produzierenden Werkstätten ’Delftse Vaart’, ’Het Wapen van Dantzich’ und ’De Bloempot’ ist möglich.

 

 

 

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’Maria und Elisabeth mit Jesus und Johannes’ eines unbekannten Malers aus der Zeit um 1700 nach einem Gemälde von Peter Paul Rubens.

 

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Vorlage für das Gemälde war wahrscheinlich die Grafik des Schelte a Bolswert (1586 - 1659) nach Peter Paul Rubens (1577 – 1640).

 

 

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François Rousseau: Maskenball im Hoftheater der Bonner Residenz 1754.

 

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Im Vordergrund steht Kurfürst Clemens August als polnischer Edelmann gekleidet. Die Uniform nimmt Bezug auf verwandtschaftliche Beziehungen zu Polen. Seine Mutter, Theresia Kunigunde (1676-1730), war eine Tochter des polnischen Königs Johann III. Sobieski (1624-1696, Regierungszeit 1674-1696).
Die geheimnisvolle Schöne im prunkvollsten aller Kleider in Blau und Weiß, den Hausfarben des Kurfürsten aus dem Geschlecht der Wittelsbacher, ist unbekannt.

 

 

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Nordwand mit Tür zur sogenannten Königstreppe zu den Südflügelappartements.

 

 

 

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Die Supraporte ’Schwan und Hund’ über der Tür zur sogenannten Königstreppe ist Teil der ursprünglichen wandfesten Ausstattung.

 

 

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Dieses Ganzfigurenportrait zeigt den bayerischen Kurprinzen Karl Albrecht, Bruder Clemens Augusts. Es wurde zwischen 1717 und 1722 von Joseph Vivien (* 1657 in Lyon; † 1734 in Bonn) gemalt.

 

 

 

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Prunkstück im Raum ist ein bayerischer Rokokoofen in der Nordostecke.
Rotterdamer Fliesen der Art ’Kievitseitjes’ wurden als Wandsockel im Wechsel mit uni weißen Fayencefliesen ’Witte’ diagonal angesetzt.
Hinter dem Ofen findet man 540 Utrechter Fliesen der Art ’Landschap op ’t land’ mit dem Eckmotiv ’Spin’.
Die Fliesenbekleidungen sind als Teil des Gesamtkunstwerkes ’Raumgestaltung’ zu betrachten.

 

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Fliesen der Art ’Landschap op ’t land’ mit dem Eckmotiv ’Spin’ hinter einer vergoldeten Portraitbüste Clemens Augusts.
Für den Kauf der Landschaftsfliesen sind keine Belege bekannt. Die Fliesen sind dem Produktionsort Utrecht zuzuordnen. In einem Haus in der Utrechter Zuylenstraat befinden sich zum Beispiel noch Fliesen mit identischen Darstellungen in situ.
Es ist davon auszugehen, dass die Fliesen nicht lange vor dem Aufstellen des bayerischen Fayenceofens gekauft wurden.
In der Zeit um 1740-41 gab es in Utrecht nur die Fayencewerkstatt Agter ’t Wystraat. Eigentümer war Cornelis Anthony van Wachendorff. Er war mit Adriana van Oort aus der bekannten Familie von Fliesenbrennern verheiratet.

 

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Diese Karte zeigt die Stadt Utrecht im frühen 18. Jahrhundert. Der Pfeil weist auf die Lage der Fayencewerkstatt Agter ’t Wystraat hin.

 

 

 

 

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François Cuvilliés entwarf den 1741 aus Bayern gelieferten Rokokoofen.
Hafner Johann Georg Härtl schuf den Ofenkörper und Bildhauer Johann Baptist Straub modellierte die Figuren.

 

 

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Eine Portraitbüste des Kurfürsten Clemens August bekrönt den Rokokoofen. 

 

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Zwei Putten huldigen dem geistlichen und weltlichen Herrscher.

 

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Die goldfarbene Portraitbüste aus Fayence kommt vor den weiß-blauen Utrechter Fayencefliesen besonders gut zur Geltung.

 

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Ein junges Paar sitzt auf dem reich verzierten Ofenkörper.

 

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Der aus Ton modellierte und vergoldete junge Mann vor Utrechter Landschaftsfliesen.

 

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Ein Relief zweier Putten mit Insignien der weltlichen und geistlichen Macht, in einer dem Ofenkörper angepassten Rahmung, gehören zum Bildprogramm der Verherrlichung des Kurfürsten Clemens August.

Die junge Frau mit einem Schild in der Linken, darauf geschrieben ’ELECTOR SECVRVS VBIQVE SPIRAT’ (Der Kurfürst lebt überall von Sorgen befreit).

 

 

 

 

 

Details von der Nordwand

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Details von der Ostwand

 

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Utrechter Fliesen mit gleichen Dekoren in anderen Objekten
a) Haus in der Zuylenstraat in Utrecht (ca. 1725)

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Utrechter Fliesen mit gleichen Dekoren in anderen Objekten
b) Menschikow - Palast in St. Petersburg (ca. 1720)

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Detail einer Fliesenwand in Raum 10 (Vorzimmer) des Menschikow-Palastes in Sankt Petersburg.

 

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Utrechter Fliesen der Art ‚Landschap op land; hoekmotief: spin’ bedecken die Wände in Raum 11 (Zimmer der Varvara Arsenayeva) im Sankt Petersburger Palais des Alexander Danilowitsch Menschikow.

 

 

 

 

Ostwand des zweiten Vorzimmers (Raum 8)
im Sommerappartement von Schloss Augustusburg

 

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Ostwand des zweiten Vorzimmers mit Blick in die weiteren Räume des Sommerappartements, Audienzsaal (Raum 9), Paradeschlafzimmer (Raum 10) und Kabinett (Raum 11).

 

 

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Pendule, Paris, Mitte des 18. Jahrhunderts. Das geschweifte Gehäuse mit Aufsatz ist aus grün gefärbtem Horn und feuervergoldeter Bronze gefertigt. Am Gehäuse findet man den Schriftzug ’Lieutnant’ und auf dem Zifferblatt die Bezeichnung ’SILVESTRE À PARIS’.

 

 

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Zur ursprünglichen wandfesten Ausstattung des zweiten Vorzimmers gehört dieses Porträt der Kaiserin Maria Theresia aus der Werkstatt des Martin van Meyten d.J. (*1695 †1770).

Martin van Meyten d.J. war Portraitmaler am Wiener Hof und verwandt mit George Desmarées von dessen Hand sich über ein Dutzend Gemälde in Schloss Augustusburg finden.

 

 

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Ebenfalls zur ursprünglichen wandfesten Ausstattung des zweiten Vorzimmers gehörte diese Supraporte ’Islandfalken mit Hauben’. Der linke Falke ist auf die Reck bezeichnet mit ’Königin eisländer’.

 

 

 

 

 

Südwand

 

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Rotterdamer Fliesen der Art ’Kievitseitjes’ wurden im Wechsel mit uni weißen Fayencefliesen ’Witte’ an den Laibungen der Durchgänge zu den Fenstertüren und den Feldern zwischen den Durchgängen diagonal angesetzt.

 

 

 

 

Benutzte Literatur

Bader, Walter (Hg.)

Aus Schloss Augustusburg zu Brühl und Falkenlust. Köln 1961

Katalog

Kurfürst Clemens August. Landesherr und Mäzen des 18. Jahrhunderts.
Katalog der Ausstellung in Schloss Augustusburg zu Brühl. Köln 1961

Woeckel, Gerhard P.

Die drei Rokokoöfen des Schlosses Augustusburg zu Brühl. In: Alte und moderne Kunst 8, 1963, Heft 70, S. 19ff und Heft 71, S. 22 ff.

Hansmann, Wilfried

Stadt Brühl. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Erftkreises. Berlin 1977

Dohms, Peter (Bearb.)

Die Inventare der Schlösser und Gärten zu Brühl. Düsseldorf 1978

Katalog

Der Riss im Himmel. Clemens August und seine Epoche. Köln 2000

Hansmann, Wilfried

Schloss Augustusburg in Brühl. Landschaftsverband Rheinland
Rheinisches Amt für Denkmalpflege, Pulheim,
Wernersche Verlagsgesellschaft mbH, Worms 2002
- Den Grundriss des Erdgeschosses (Abb. 02) habe ich diesem Buch entnommen und die Farben in Grautöne umgearbeitet. -

wikipedia

Informationen zum Schloss und zur Person des Kurfürsten

 

 

Mein Dank gilt Peter Sprangers (secretaris st.Historische Kring Tolsteeg-Hoograven / Utrecht) für Informationen zu Utrechter Fliesen und für die Abbildungen 19, 33, 34 und 35;

Katharina Gatzen für die Bilder 04, 05 und 07; 

Ekaterina Andreeva für Bild 36;

Jan Pluis für Bild 37;

Dr. Katharina Hantschmann für Ihre Informationen zum Rokokoofen und Christiane Winkler für ihre Informationen zur Pendule.

 

 

Links

Niederländische Fliesen im Sankt Petersburger Palais de Alexander Danilowitsch Menschikow
www.geschichte-der-fliese.de/menschikow.html

 

Rotterdamer Blumenstücke im Sommerspeisesaal der UNESCO Welterbestätte Schloss Augustusburg in Brühl
www.tegels-uit-rotterdam.com/blumenstuecke_augustusburg_bruehl.html

 

Rotterdamer Genretableaus im Sommerspeisesaal der UNESCO Welterbestätte Schloss Augustusburg in Brühl
www.tegels-uit-rotterdam.com/genretableaus_augustusburg.html

 

Rotterdamer Commedia dell’Arte - Tableaus im Sommerspeisesaal der UNESCO Welterbestätte Schloss Augustusburg in Brühl
www.tegels-uit-rotterdam.com/commedia_dell_arte_tableaus_augustusburg.html

 

Schloss Augustusburg
www.schlossbruehl.de

 

Schloss Augustusburg. Rundumblick Treppenhaus
www.schlossbruehl.de/media/raw/Treppenhaus_Augustusburg.swf

 

Schloss Augustusburg. Rundumblick Badekabinett
www.schlossbruehl.de/media/raw/Badekabinett_Augustusburg.swf