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ROTTERDAMER FLIESEN DES 18. JAHRHUNDERTS IN FIGUEIRA DA FOZ
DIE GESCHICHTE DES PALASTES ‘CASA DO PAÇO’ UND SEINER KERAMISCHEN WANDBEKLEIDUNGEN
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Casa do Paço am Ufer des Flusses Mondego in Figueira da Foz
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Largo Prof. Vitor Guerra, 4
(Eingang zur Associação Comercial e Industrial da Figueira da Foz – ACIFF)
Figueira da Foz
Figueira da Foz, auch kurz Figueira genannt, ist eine Stadt im Distrikt Coimbra in Nordportugal. Sie liegt an der Mündung des Flusses Mondego in den Atlantischen Ozean, ca. 40 Kilomer westlich von Coimbra. Die Stadt ist landwärts umgeben von Hügelketten der Serra da Boa Viagem.
Der Palast
Der Palast ‘Casa do Paço’ steht gegenüber den Hafenkais von Figueira da Foz. Er wurde ab 1690 im Auftrag des Fürstbischofs von Coimbra, D. João de Mello, gebaut.
Das Bauwerk zeigt die charakteristischen Merkmale eines herrschaftlichen Sommerpalastes, ist aber jetzt eingezwängt in die Enge der Stadtbebauung.
Geplant in U-Form, wurde er nach französischen Vorbildern gebaut.
Die Hauptfassade mit zwei großen Portalen öffnet sich zum Fluss in aller Pracht des herrschaftlich eleganten Barock mit seiner notwendigen Ordnung und Anwendung der Symmetrie.
Der Haupteingang befindet sich im nördlichen überdachten Hof.
Es fällt die Ähnlichkeit der Hauptfassade des Palastes in Figueira da Foz mit der Nordfassade des Klosters Santa Clara in Coimbra auf, das 1696 auf Veranlassung von D. João de Mello vollendet wurde.
Es liegt nahe, dass er für seine Sommerresidenz in Figueira die gleiche stilistische Konzeption übernahm.
Die Geradlinigkeit der zwei Gebäude wurde in der Planung des Palastes durch zwei Wehrtürme mit gleichen Proportionen unterbrochen. Die geplanten Bauteile des Palastes wurden aber nicht alle verwirklicht. Nach dem Tode des Fürstbischofs D. João de Mello am 28. Juni 1707 wurden die Bauarbeiten eingestellt. Das Bauwerk blieb bis heute unvollendet. So ist der zweite Wehrturm nur in den Fundamenten erkennbar.
Erbauer und Besitzer des Palastes
D. João de Mello, Sohn des Inspektors der Königin D. Luiza Gusmão und der D. Magdalena de Távora., Jorge de Mello, machte in der katholischen Kirche Karriere. Als Nachfahre der Familien Mello und Guedes, Herren von Murça, kam er zu kirchlichen Ämtern, die den Söhnen feudaler Familien vorbehalten waren.
Er wurde 1671 Bischof von Elvas, 1673 Bischof von Viseu und 1684 Bischof von Coimbra.
Den Palast in Figueira da Foz mit dem darauf ruhenden Majorat überließ er seinem Neffen, D. António José de Mello, Nachkomme der Grafen von Figueira und verheiratet mit D. Joana de Mendoça.
Diesem herrschaftlichen Paar wurde 1674 D. Pedro José de Mello geboren, der später Herr des Majorats und des Palastes in Figueira da Foz werden sollte.
D. Pedro José de Mello besaß Majorat und Palast von 1721 bis 1749.
Die Innenausstattung des Palastes
Sie hat viele Veränderungen erfahren.
Die herrschaftliche Etage und der Wehrturm wurden schon im 18. Jahrhundert in der Art der Innenausstattung der ‘Casa da Baia’ (1637 auf Mallorca erbaut) verändert.
Im Jahre 1868 erwarb Manuel dos Santos Júnior den Palast ‘Casa do Paço’. Er ließ das Gebäude und die Inneneinrichtungen restaurieren.
Heute ist er Sitz der Associação Comercial e Industrial da Figueira da Foz– ACIFF.
Rotterdamer Fliesen
Wertvollste Bestandteile der Innendekoration waren und sind Wandbekleidungen aus Rotterdamer Fayencefliesen.
Diese Wandbekleidungen finden weltweit große Beachtung bei Wissenschaftlern und Freunden keramischer Fliesen.
In der ‘Casa do Paço’ sind drei Fliesendekore zu unterscheiden:
1. Reiterfliesen,
Eckmotiv: Spinne.
Farbe der Bemalung: manganbraun.
2. Landschafts- und Hirtenfliesen im Doppelkreis,
Eckmotiv: Ochsenkopf,
Farbe der Bemalung: blau.
3. Bibelfliesen,
Eckmotiv: Ochsenkopf,
Farbe der Bemalung: manganbraun.
Die Fliesen sind in der ‘Casa do Paço’ auf vier Räume verteilt.
Salon 1 (von links kommend):
Reiterfliesen in manganbraun, umgeben von Landschaftsfliesen in blauer Bemalung.
Salon 2:
Landschaftsfliesen in blau, umgeben von Reiterfliesen in manganbrauner Bemalung.
Kabinett der Direktion:
Bibelfliesen in manganbraun, umgeben von Landschaftsfliesen in blauer Bemalung
Saal der Bibliothek:
Landschaftsfliesen in blau, umgeben von Reiterfliesen in manganbrauner Bemalung.Der bekannte portugiesische Fliesenforscher J.M. dos Santos Simões schrieb in seinen Veröffentlichungen über die Fliesen in der ‘Casa do Paço’, dass dieses dekorative Schema des Wechsels der Farben von Zentrum und Rahmung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Portugal durchaus üblich war. Man spielte mit farbigen Flächen, die wichtiger erschienen als die Bildinhalte der einzelnen Fliesen.
Uns stellt sich bei genauer Betrachtung jede Fliese als ein kleines Gemälde dar.
Lieferung der Fliesen
Mir sind bis jetzt keine schriftlichen Zeugnisse über das Alter und die Herkunft der Fliesen in der ‘Casa do Paço’ bekannt.
J.M. dos Santos Simões nannte drei Theorien zu Herkunft und Alter:
1. Die Fliesen waren Teil der Ladung auf einem holländischen Schiff, das vor Figueira da Foz auf Grund lief.
Die Ladung wurde geborgen und vom Zoll versteigert.
Fakt ist, dass 1706 eine holländische Fregatte vor der Küste Figueiras auf Grund lief und danach verschiedene Häuser mit holländischen Fliesen ausgekleidet wurden.
2. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts exportierte Holland große Mengen Fliesen nach Portugal und in den Mittelmeerraum über die Häfen Lissabon und Cadiz.
Die Zollbücher von Figueira belegen, dass ein bedeutender Handel zwischen Portugal und Holland stattfand. Es sind auch Belege vorhanden, dass sich bei den Frachten Fliesen befanden. Mir sind aber keine Aufzeichnungen aus Figueira bekannt, in denen Lieferant oder Besteller genannt sind.
3. Die Sendung Fliesen war eventuell für D. António José oder D. Pedro José de Mello bestimmt. Letzterer hatte 1718 ein Haus neben dem Kapuzinerkloster in Lissabon erworben. Um 1720 wurden zwei Säle dieses Hauses mit diversen Fliesensorten, unter anderem mit Rotterdamer Bibelfliesen ausgestattet. (Siehe ’Rotterdamer Bibelfliesen im Museu Nacional do Azulejo in Lissabon’)
Teil 1 Reiterfliesen
Reiterfliesen in manganbraun gibt es im
Salon 1 umrahmt von Landschaftsfliesen in blauer Bemalung,
Salon 2 als Rahmung von blauen Landschaftsfliesen und
Saal der Bibliothek als Rahmung von blauen Landschaftsfliesen.03
Wandansichten des Salons 104
Detail aus dem Salon 105
Teilbereich der Wandbekleidung im Salon 1
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Teilbereich der Wandbekleidung im Salon 1
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Wandansichten im Salon 2
Manganfarbene Reiterfliesen als Rahmung für blaue Landschaftsfliesen
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Detail einer Wand in der Bibliothek
Manganfarbene Reiterfliesen als Rahmung für blaue Landschaftsfliesen
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Detail einer Innenecke mit manganfarbenen Reiterfliesen als Rahmung blauer Landschaftsfliesen
Auswertung der Motive
01 02 03
04 05 06
07 08 0910
10 11 12Diese zwölf Motive gibt es in der ‘CASA DO PAÇO’ auch in spiegelbildlicher Ausführung.
Für diese Reiterfliesen wurden Kupferstiche zu Türkenkriegen als Vorlagen benutzt, die mir leider noch nicht bekannt sind.
Beim Ansetzen der Reiterfliesen wurde sorgfältig darauf geachtet, die Fliesen in gegensätzlichen Positionen anzuordnen, sodass der Eindruck einer Schlacht entsteht. In den Räumen, in denen die Reitermotive die Umrahmung bilden, wurde ein ähnliches Schema verwand: Die Reiter, die nach rechts gerichtet sind, formen einen Zug der sich mit den Reitern trifft, die nach links gerichtet sind.
Der bekannte portugiesische Fliesenforscher J.M. dos Santos Simões machte in seinem Buch ‚Les carreaux hollandais céramiques au Portugal et en Espagne` (Den Haag 1959) auf interessante Besonderheiten bei den Reiterfliesen aufmerksam.
Er fand heraus, das einige Pferde eingebrannte Initialen tragen. Nach Santos Simões ergibt sich folgendes Bild:
1. Deux „princes“, initiales W R sur l’avaloirwe et sur la fonte à pistolet
2. Quatorze „princes“, bâton à la main droite, initiales W R
3. Une „amazone“, initiales M R
4. Une “amazone”, bouclier à la main, initiales MARIA R
5. Six „princes“, initiales K R
6. Un „prince“, bâton de maréchal, initiales F K
7. Un “prince”, bâton à la main gauche, initiales P V OJ.M. dos Santos Simões schrieb die Initialen folgenden Persönlichkeiten zu:
W R = WILLIAM REX
M R und MARIA R = MARIA REGINA
K R = KAREL REX
F K = FREDERIK REX
P V O = PRINS VAN ORANJE
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Bei J.M. dos Santos Simões als XIX d abgebildet12
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX e abgebildet13
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX a abgebildet14
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX c abgebildet15
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX g abgebildet16
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX f abgebildet17
Bei J.M. dos Santos Simões als XIX b abgebildet18
Bei J.M. dos Santos Simões nicht aufgelistet und nicht abgebildet
Zu den Rotterdamer Reiterfliesen in der ‚Casa do Paço’ fand ich eine weitere Besonderheit. Die Fliesenmaler benutzten graphische Vorlagen des Antonio Tempesta (* ca. 1555 in Florenz - +5. August 1630 in Rom) aus einer Serie acht historischer Persönlichkeiten.
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Im Gemeentearchief Rotterdam liegen unter GAR 3105–3119 sechs Durchstaubschablonen, die Reiterdarstellungen auf Fliesen in Figueira da Foz entsprechen, darunter 3106 CYRUS MAYOR, 3109 ALEXANDER MAGNVS und 3114 ISABELLA GRATIOSA und 3105, 3107, 3119 für Reiterdarstellungen mit unbekannten graphischen Vorlagen.
Gegenüberstellungen Graphik – Durchstaubschablone - Fliese
von Reiterdarstellungen nach Tempesta in Figueira da FozDurchstaubschablone fehlt 20
Durchstaubschablone fehlt 21
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Durchstaubschablone fehlt 25
Durchstaubschablone fehlt 26
Durchstaubschablone fehlt 27
Gegenüberstellungen Durchstaubschablone – Fliese
für Reiterdarstellungen in Figueira da Foz28
GAR 3105 1129
GAR 3106 1030
GAR 3119 12
Für Bildmaterial bedanke ich mich bei Ilse Marggraf, Jan Pluis und dem Kupferstichkabinett Dresden.
Bitte beachten Sie zu Reiterfliesen auch meine Berichte:
REITERFLIESEN AUS ROTTERDAM UND UTRECHT IM TREDEGAR HOUSE, WALES
TILES WITH FIGURES ON HORSEBACK FROM ROTTERDAM AND UTRECHT IN TREDEGAR HOUSE, WALES